Im letzten Blogbeitrag habe ich von den Haken gesprochen auf die man stößt, wenn sein Kind anders ist, also in unserem Fall hochsensitiv.
Was sind denn aber jetzt die typischen Anzeichen von Hochsensitivität bei seinem Zwergerl? Ist ja nicht so, dass man zum Kinderarzt geht und der sagt: „Alles OK, das Kind ist eindeutig ein HSK und damit es ihm gut geht machen Sie 3 mal täglich dies oder das.“ Und als Elternteil würde man dann beruhigt antworten: „AH, dann ist‘s ja gut, vielen Dank.“ und glücklich von dannen ziehen.
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Ich bin sehr vorsichtig dabei in diesem Zusammenhang von absolut typischen Anzeichen zu sprechen. Das Wesensmerkmal Hochsensitivität ist so vielfältig, zeigt sich in so vielen Varianten, dass man es nicht an ein paar Merkmalen festmachen sollte. Im Beitrag „Ein paar Fakten über HSP“ und „Weitere Fakten über HSPs“ findest du mehr zu den Grundlagen von HS.
Hier mal ein paar Eigenheiten die auf Hochsensitivität hinweisen können:
- verweigert das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken (Material, Schnitt, Reißverschlüsse…)
- verweigert Fingerfarben oder matschige Sachen
- Erschrickt bei schnellen Bewegungen
- Generell eher schreckhaft
- Mag es nicht wenn die Füße keinen Bodenkontakt haben
- Ist von Reizen schnell überfordert (TV, Licht, Lärm, Hitze, Gerüche, viele Menschen…)
- Fühlt sich unter vielen Menschen nicht wohl
- Sucht eher Eins zu Eins Kontakte
- Zieht sich gerne mal zurück in eine ruhige Ecke
- Nimmt kleinste Details wahr (In Bildern, Geschichten, in der Natur…..)
- Kann völlig im Spielen versinken, bekommt nichts mehr vom Rest der Welt mit
- Vermeidet bestimmte Konsistenz beim Essen
- Liebt das Essen als „Trennkost“, nicht vermischt
- Hat Probleme mit Veränderungen (neues Bett, neue Betreuungspersonen)
- Agiert eher vorsichtig
- Macht sich oft Sorgen
- Hat hohe Erwartungen an sich selbst
- Hilft gerne anderen
- Abneigung gegen Gewalt
- Bezieht vieles aus der Umgebung auf sich (Bsp. Lehrer maßregelt ein anderes Kind, dein Kind fühlt sich aber trotzdem angesprochen und betroffen)
- Empfindet Gefühle wie Wut, Freude, Trauer sehr intensiv
- Sehr empathisch mit Menschen und Tieren
- Interessiert sich sehr wie das Leben funktioniert, will Zusammenhänge verstehen
- Kann sich schwer entscheiden
- Interessiert sich für viele unterschiedliche Dinge
- Neigt dazu sich Selbstvorwürfe zu machen
- Braucht als Baby Rituale und eine immer gleiche fixe Tagesstruktur
- Sucht als Baby ständig die körperliche Nähe
- Ist als Baby oft sehr unruhig und lässt sich nicht gerne ablegen
Das alles können Anzeichen von Hochsensitivität sein. In vielen Fällen erlebe ich, dass der jeweilige Elternteil erst durch sein Kind auf seine eigene hochsensitive Wahrnehmung stößt. Es macht Sinn sich bei der Frage „wie gehe ich mit diesem Wesensmerkmal meines Kindes um“, auch mit seinem eigenen zu beschäftigen. Der Spruch „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ ist hier sehr angebracht. Oft steht man den Eigenheiten seines Sprösslings entnervt gegenüber, diese passen ja nicht ins gängige Erziehungs-, Familien-, Kindergarten- oder Schulschema. Ich wage mal zu behaupten, dass viele, heute Erwachsene, viel Zeit damit verbracht haben sich für das System passend zu machen. Automatisch macht man, meist unbewusst, damit bei seinen Kindern weiter. Wie oft habe ich gehört: „Da musst du durch. Sei nicht so heikel. Stell dich nicht so an. Gewöhn´ dich dran. Sei nicht so empfindlich.“ Und als Mutter habe ich das, als ich von HS noch keinen Schimmer hatte, sicher auch weitergegeben.
Wenn man dann mit dem Thema Hochsensitivität in Bezug auf sein Kind in Kontakt kommt, ist es ein guter Tipp auch in sich zugehen und in seinen, manchmal verdrängten, Erinnerungen zu wühlen. Wie ist es dir als Kind ergangen? Hattest du vielleicht ähnliche Eigenheiten wie dein Kind. Wie hat dein Umfeld darauf reagiert und was hättest du stattdessen gebraucht an Unterstützung? Die Beantwortung dieser Fragen hilft dir beim Umgang mit deinem Sprössling.
Kinder können ja auch gar nicht verstehen weshalb ihre Besonderheiten auf Unverständnis stoßen. Sie kennen ja nichts anderes als ihre persönliche Wahrnehmung und denken, dass das ganz normal ist. Sie können nicht nachvollziehen weshalb sie jetzt einen Pullover, der sie fürchterlich kratzt trotzdem anziehen sollen und verstehen auch nicht wieso das Umfeld das Ding nicht als kratzig empfindet.
Kinder haben generell ein sehr gutes Gespür was sie brauchen und was ihnen gut tut. Für Eltern ist es hilfreich sich immer vor Augen zu halten, dass kein Kind von sich aus bösartig, hinterhältig oder berechnend ist. Das sind erst Muster, die ein Kind im Laufe seines Lebens lernt, und zwar von uns Erwachsenen. Bedeutet, dass wenn man sich die Zeit nimmt sich wirklich mit den Bedürfnissen des Flöhchens auseinander zu setzten man gemeinsam gute Wege finden kann.
Keineswegs spreche ich jetzt davon den Kindern einen roten Teppich auszurollen und grenzenlos jeden Wunsch von den Augen abzulesen und mich untertan zu machen. Nein, ich spreche von einem wertschätzenden Miteinander. Das heißt, nicht wie eine Dampfwalze die Empfindungen des Kindes zu planieren. Das einzige, das das Kind davon hat ist das Gefühl von „Ich bin nicht so wie man mich haben will, ich bin nicht in Ordnung. Es ist falsch, dass ich so empfinde.“ Wichtig ist, wie bei jedem Kind, seine speziellen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu respektieren. Und ihm auch die Sicherheit zu geben, das es so wie es ist vollkommen in Ordnung ist.
Das Kind muss nicht jedem die Hand geben oder Küsschen in der Familie verteilen, wenn es ihm unangenehm ist, es gibt auch andere Formen der Begrüßung. Es ist völlig ok wenn das Kind seine Lieblingsgerichte hat die es gerne isst, es muss nicht alles essen was auf den Tisch kommt. Bei mir waren es Nudeln, „Nackate“ Nudeln wie ich es nannte, die ich am liebsten hatte, ohne irgendwas. Ich fand Lebensmittel pur und einzeln für sich immer schon am besten, nur nicht zu viel vermischt. Belegte und garnierte Brötchen sind für mich heute noch ein großer Graus. Und das Butterbrot nur mit einem Hauch von Butter bitte. Für mich waren das ganz normale Wünsche und aus meiner Sicht auch bescheidene.
Weshalb ich teilweise um diese simplen Bedürfnisse kämpfen musste war mir als Kind nicht klar.
Generell brauchen Kinder um sich sicher und geborgen zu fühlen Rituale, Regeln die ihrem Alter angepasst sind als schützenden Rahmen und ihren persönlichen Bereich, sowie Verständnis. Meist brauchen hochsensitive Kinder davon noch etwas mehr.
Herzliche Grüße
Moni Bock
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