So oft habe ich mich als Kind gefragt, „Weshalb bin ich so anders, wieso passe ich nicht?“. Dinge intensiv zu empfinden, jede Stimmungsschwankung Anderer wahrzunehmen, das eindeutige Wissen ob etwas gut oder schlecht ausgehen wird, waren für mich immer selbstverständlich. Als Kind hab ich nicht verstanden wieso es nicht allen Menschen so geht.
Ich hatte Eigenarten mit denen ich meine Umwelt teils verwirrt,
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teils vor den Kopf gestoßen habe. Es war mir am Liebsten immer wieder dasselbe zu Essen, Gerichte die ich kannte. Ich mochte es nicht irgendwo zum Essen hin zu müssen, da ich dann nicht wusste ob ich das Essen mag. Und einfach zu sagen „Danke ich möchte nichts“ kam bei den Erwachsenen nicht so gut an. Ich hab manche Konsistenzen von Lebensmitteln einfach nicht runtergebracht, zum Beispiel cremiges wie bei Cremetorten oder eine dicke Schicht Butter auf dem Brot. Ist heute noch so. Mein Mann findet es auch äußert amüsant, dass ich der festen Meinung bin, dass Nudeln, je nachdem wie sie geformt sind, anders schmecken.
Jahrelang habe ich versucht die Dinge so zu machen wie sie von mir erwartet wurden, ganz geklappt hat es eher selten. Ich hatte auch meine sehr individuelle Art meine Schulzeit hinter mich zu bringen. Ich habe immer sehr gerne gelernt, aber nicht in der Schule, in diesem, für mich extrem einengenden, System. Die Anzahl meiner Fehlstunden war nicht gerade gering. Diese Stunden habe ich zu Hause verbracht, lernend, in meiner eigenen Struktur und Geschwindigkeit. Die Uni war dafür dann ein Spaziergang für mich, hier hatte ich die volle Eigenverantwortung über meinen Erfolg und das war toll.
Danach kamen einige Jahre in denen ich mich ein bisschen verloren hatte. Ich musste das Vertrauen in mein Bauchgefühl danach erst wieder lernen. Ich habe vieles gemacht obwohl alles in mir geschrien hat, „NEIIIIIIIIIIN!“ Aber ich wollte passend sein für meine Umwelt. Ich dachte, der Fehler liegt bei mir.
Und dann geschah eines Tages folgendes:
Die Neurologin, die meine Tochter behandelt hat, sagte beim letzten Termin „Sie ist halt eine HSP, sie reagiert auf Reize intensiver als andere Menschen“. Drehte sich um und war raus aus dem Sprechzimmer. Meine Recherche, was diese Worte eigentlich bedeuten sollen hat mir eine neue Sichtweise und damit eine neue Welt eröffnet.
Auf einmal hat so viel einen Sinn ergeben, sowohl für mich als auch für meine Tochter. Das liegt jetzt rund 10 Jahre oder länger zurück. Ich habe sofort begonnen Informationen über das Thema aufzusaugen wie ein Schwamm. Ich habe mich in so vielem wiedererkennen können. Es hat dann aber noch einige Zeit gedauert bis ich begonnen habe wirklich auf meine Empfindungen zu hören und meine Hochsensitivität zu leben. Das heißt, mir meine Ruhephasen bewusst zu nehmen, nur mehr das zu Essen was mir gut tut, Abstand von Menschen und Dingen zu nehmen die mir nicht guttun.
Es war für mich sehr wichtig auch an meine Grenzen zu stoßen um mich selbst besser kennen zu lernen. Nur so ist es mir jetzt möglich schon die kleinsten Anzeichen meines Körpers zu sehen, ob etwas gut für mich ist oder nicht. Und mittlerweile habe ich auch das Selbstbewusstsein dementsprechend zu handeln.
Das Wissen über HS ist eines, das Akzeptieren seiner Besonderheiten etwas Anderes. Entsprechend seiner Empfindungen zu leben, ohne schlechtes Gewissen oder das Gefühl „falsch“ zu sein, wieder etwas Anderes.
Und das wünsche ich jeder hochsensitiven Person. Dass sie sich in ihrer Haut wohlfühlt, die Vorzüge ihres besonderen Wesenszuges erkennt und sich dementsprechend selbst gut behandelt. Dann hat man auch nicht mehr das Gefühl „falsch“ zu sein. „Anders“, ja, aber nicht falsch und „anders“ passt doch wunderbar in unsere, im positiven Sinne, diverse Welt!
Herzliche Grüße
Moni Bock
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