Klingt erstmals wie eine Diagnose, so wie „Mein Kind hat Asthma“. Und wenn man das jemanden mitteilt ist eigentlich alles klar. Die andere Person sagt darauf „Ah, gut dass ich das weiß, vielen Dank ich kenne mich aus.“ Schön wär´s wenn dem so wäre.
Der Haken? Nein, nicht einer, die Sache hat gleich mehrere.
Aber wie so oft: Wissen ist Macht, oder in diesem Fall die Möglichkeit richtig und individuell zu handeln, zu entscheiden und zu unterstützen.
Haken 1: Wissen eigentlich die Eltern, dass zumindest einer von ihnen hochsensitiv ist?
Haken 2: Können die Eltern positiv mit ihrer Hochsensitivität umgehen?
Haken 3: Wissen die Eltern, das ihr Kind hs ist?
Haken 4: Können die Eltern positiv mit der Hochsensitivität ihres Kindes umgehen und es darin unterstützen?
Haken 5: Haben die Betreuungspersonen wie Oma, Opa, Pädagogen und so weiter eine Ahnung von dem Thema?
Haken 6: Stehen Institutionen wie Kindergarten oder Schule den persönlichen Besonderheiten von Kindern offen gegenüber.
Haken 7: Es gibt Gemeinsamkeiten bei hochsensitiven Kinder, aber noch viel mehr individuelle Erscheinungsformen.
So, das sind mal die Haken, die ich alle auch persönlich kennen gelernt habe. Ich wusste lange nichts von HS. Als ich es dann wusste, musste ich mal lernen damit umzugehen. Als ich es erfahren habe war meine Jüngste, schon über 10 Jahre alt und hatte schon eine Schulzeit hinter sich, die mit negativen Erlebnissen gespickt war. Zu wissen, dass es Hochsensitivität gibt und was es bedeutet, hat vieles erklärt, zumindest mal für uns. Aber bei einem Teil der Familie, sowie bei schulischen Belangen sind wir gegen verschlossene Türen gerannt.
Eine häufige Frage, die uns gestellt wurde war:
„Und was kann man dagegen machen?“
Nix, die Frage sollte lauten: „Wie können wir das Kind unterstützen sein volles Potential weiter zu entfalten?“
Unserer Gesellschaft ist nicht auf Individualität ausgerichtet. Also im Kleinen schon, da spricht man sehr viel von individueller Förderung, der Individualität jedes Wesens. Aber in größeren Gruppen wie im Kindergarten oder in der Schule ist man davon in der Praxis eher weniger begeistert. Das liegt meist nicht an den BetreuerInnen, sondern eher am System welches auf Einheitlichkeit ausgerichtet ist. Wenn man mal in die Schulen schaut, sitzen alle brav in ihren Reihen, machen genau das, was ihnen gesagt wird, dass sie tun sollen, und bitte nicht dreinreden oder eigene Ideen verbreiten. Denn nur so kann man es schaffen der großen Anzahl von Kindern mit zu wenig Personal den geforderten Lehrstoff, manchmal auch den Leerstoff, zu vermitteln und dann auch noch die steigenden administrativen Aufgaben zu erfüllen. Ich habe das Gefühl, dass man sich, in dem Versuch alles Einheitlich zu gestalten um alle im Sinne von Gerechtigkeit gleich zu behandeln, ein bisschen verlaufen hat. Das ist für viele Kinder nicht lustig, aber es geht so. Aber für hochsensitive Kinder reicht die Palette der Empfindungen von leicht unangenehm bis zu Hölle auf Erden. Gott sei Dank gibt es auch sehr positive Schulbeispiele, wenn auch viel zu wenige, neu gebaute, die schon durch ihre Architektur mehr Freiraum zulassen.
Kindergarten und Schule hin oder her, Fakt ist, dass hochsensitive Kinder, ca 20% aller Kinder, Bedürfnisse haben, denen in unserem System, sei es in Betreuungseinrichtungen oder in der Familie, oft nicht Rechnung getragen wird. Eltern wissen oft auch nicht wie sie ihrem Kind helfen können, da sie ja wollen, dass ihr Kind ein glückliches ist wie alle anderen auch. Und das heißt für viele Eltern, das sie sehr bemüht sind ihr Kind darin zu unterstützen passend zu sein, so wie die anderen Kinder auch. Und darin werden sie auch durch zahlreiche Ratgeber bestätigt. Ratgeber, die versprechen alle Schulprobleme, alle Verhaltensprobleme lösen zu können. Bitte nicht falsch verstehen, manche dieser Bücher sind wirklich gut und hilfreich, aber die wenigstens berücksichtigen Hochsensitivität. Und das ist nun mal ein angeborenes Wesensmerkmal und lässt sich nicht wegtrainieren.
Um sein Kind unterstützen zu können, muss ich also erstmal die eigene Hochsensitivität erkannt und akzeptiert haben, sowie einen positiven Umgang damit pflegen. Erstens gibt das dem Kind ein gutes Beispiel dafür, dass sich nicht alle Menschen gleich verhalten müssen und zweitens hilft es einem die Besonderheiten und damit die Bedürfnisse des Kindes besser zu verstehen. Mit diesem Wissen kann das Potential des Kindes besser gefördert werden. Wenn sich ein Kind ständig darauf konzentrieren muss sich passend zu machen hat es wenig Energie seine wahren Potentiale zu nutzen.
Das hat nichts mit Sonderbehandlung zu tun. Viele hochsensitive Erwachsene kennen sicher den Zustand wenn alles zu viel wird, wenn zu viele Reize auf einmal auf einen einströmen und man sich trotzdem voll Elan an einem Meeting beteiligen soll. Schaffen sie dies 5 Tage die Woche, je 4 bis 6 Stunden lang? Aber genau das verlangen wir von unseren Kindern.
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