Jede Hochsensitive hat so ihr eigenes System um mal zur Ruhe zu kommen. Ich mein jetzt nicht die täglichen kleinen Auszeiten die uns gut tun und die wir uns gönnen sollten sondern die etwas längeren, so übers Wochenende. Manche stapfen dann gerne mal in den Bergen herum, manche radeln durch die Gegend, andere suchen sich lauschige Plätzchen mit einem oder vielen Büchern im Gepäck, wieder andere genießen es nix zu tun. Es gibt soooooooo viele Möglichkeiten sich selbst gute zu tun.
Nicht unbedingt als Besucherin sondern noch viel lieber als Mitwirkende in einem Ritterlager. Dieses Wochenende hatte ich, gemeinsam mit meinem Mann, die Ehre die Wölfe zu Dunkelstein auf der Rosenburg zu unterstützen. Ich durfte die Truppe bekochen, mein lieber Mann war Torwache.
Kann mir schon vorstellen das jetzt manche innerlich aufschreien „Oh mein Gott, soviel Trubel, der Lärm so viele Menschen!“ Ja stimmt, am Markt wimmelt es vor Menschen und bei den Turnieren und Vorführungen ist es oft laut. ABER, und das ist der Vorteil als Mitwirkende, die Lager sind meist ein bisschen Abseits des Trubels. Meist auf einer schönen Wiese, einer netten Lichtung, im Schutz einer ehrwürdigen Burgmauer. Nahe genug um das Geschehen mitverfolgen zu können, weit genug weg um nicht überrollt zu werden.
Ich, die ansonsten eine mindestens 8 spurige Gedankenautobahn inklusive großem Autobahnkreuz in ihrem Kopf hat, schaffe es an solchen Wochenenden völlig runterzufahren. Auf der Rosenburg habe ich mich von Freitag bis Sonntag nur um die Verpflegung gekümmert, und sonst nix. Mein Kopf war soooooo herrlich leer, also im positiven Sinne. Mir war auch keine Sekunde langweilig, ich hab einfach nur alles auf mich wirken lassen und war super entspannt. Wenn ich Lust hatte bin ich über den Markt geschlendert, wenn‘s zu viel wurde wieder zurück zum Lager. Die Turniere, die übrigens wirklich gut waren, habe ich mir aus der Entfernung angeschaut, hatte aus dem Lager eine gute Sicht.
Es ist für mich wie ein aussteigen aus der realen Welt. Ein ganz lieber Freund von mir bezeichnet uns als Zeitreisende und damit liegt er sicher nicht falsch. Ich finde es wunderbar. Es kommen dort so viele unterschiedliche Menschen zusammen die alle nur ein Ziel haben: raus aus dem Alltag, rein in eine völlig andere Welt. Wer man im realen Leben ist, was man macht, welchen akademischen Grad jemand besitzt, welche Stellung man in einem Unternehmen hat, das alles tritt dort völlig in den Hintergrund. Dort ist man einfach nur man selbst. Das ist zumindest mein Eindruck.
Muss aber gestehen, dass wir bis jetzt immer Glück mit dem Wetter hatten, wenn es so ein Wochenende durchregnet schaut´s anders aus, wesentlich schlammiger nämlich aber dennoch schön.
Mir ist schon klar, dass das wirkliche Mittelalter nicht ganz so rosig war, aber ich denke, wenn man sich damit etwas eingehender beschäftigt gibt es Dinge die man ins 21. Jahrhundert mitnehmen könnte beziehungsweise findet man heutige Dinge die ihren Ursprung im Mittelalter hatten.
Welche Wirkung diese Events auf mich haben wurde mir 2003 bewusst als ich als Kräuterhexe auf meinem ersten Markt mithelfen durfte. Auch meine Kinder sind davon begeistert. Mein Sohn ist einer der Landsknechte der Wölfe zu Dunkelstein und meine Jüngste, mit einer sehr starken hochsensitiven Persönlichkeit, meint immer „Hier fühle ich mich nicht als seltsame Außenseiterin“.
Ich denke auch das doch oftmals sehr enge Korsett der Konventionen fällt dort von den Menschen ab. Sie lassen sich treiben, sie spüren die positive Atmosphäre. Die Veranstaltung auf der Rosenburg stand natürlich auch im Schatten von Corona. Die Sicherheitsvorschriften waren sehr strikt, bei der Veranstaltung alles streng geregelt mit Sitzplätzen und man durfte nur blockweise rein und raus zu den Turnieren, überall Maskenpflicht. Und dennoch bin ich niemandem begegnet der darüber grantig war, sich beschwert hätte, es als Zumutung empfunden hätte. Alle hatten Geduld, hatten sich mit dem nötigen Abstand angestellt, keiner hat sich aufgeregt. Auch anderen ist aufgefallen wie friedlich und entspannt alles abgelaufen ist. Die Menschen haben den gesamten Event genossen, das war spürbar.
Auch das hat mir gut getan, diese ganze positive Einstellung der Leute rund um mich. Es fühlte sich irgendwie kuschelig an, klingt schräg, ich weiß aber so empfinde ich es. Ich genieße es auch, dass sich gefühlt die Zeit verlangsamt.
Das alles zeigt mir wieder einmal wie wichtig es für Hochsensitive ist im richtigen Umfeld zu sein. Natürlich macht es Sinn sich Strategien und Muster anzueignen um im Alltag mit all den Reizen zurecht zu kommen, aber es macht keinen Sinn sich selbst verändern zu wollen um ins gängige Gesellschaftsbild zu passen. Oder sich in ein Umfeld zu pressen weil man denkt, das das doch alle so machen und das es kein anderes gibt. Das trifft auf den Privatbereich genauso zu wie auf Schule, Ausbildung und Arbeit.
Heute passt mein Umfeld sehr gut für mich und trotzdem liebe ich diese Ausflüge als Zeitreisende. Was wir brauchen um mal auszuspannen ist so unterschiedlich wie wir selbst. Wichtig ist, dass wir es finden, unsere Variante von Auszeit und uns diese auch bewusst nehmen und gönnen.
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